Als ich letzte Woche in der SR sportarena einen Bericht über die Verkehrssituation von Radfahrern im Saarland gesehen habe, kribbelte es mir in den Fingern. Ich musste mich gleich an den Laptop setzen und meine Gedanken zu diesem Thema aufschreiben. Du hast den Beitrag nicht gesehen? Kein Problem, dann schau ihn dir jetzt an, damit du weißt, worum es geht.
Rennradfahren – eine Hassliebe
Wie ihr vielleicht wisst, habe ich 2010 meinen Weg zum Radsport gefunden. Damals war ich aber noch nicht auf dem Mountainbike unterwegs, sondern ausschließlich auf dem Rennrad. Bereits ein Jahr später hatte ich genug. Es war mir einfach zu gefährlich auf der Straße. Ständig wird man viel zu dicht von Autofahrern überholt. Im Wald hat man das Problem einfach nicht. Nach mehreren Jahren Rennradpause, habe ich mir letztes Jahr wieder ein Rennrad zugelegt, einfach um wieder etwas Abwechslung ins Training zu bringen. Diese Abwechslung gibts aber nur am Wochenende, denn an der Verkehrssituation hat sich auch ein paar Jahre später nichts geändert. Während der Woche ist für meinen Geschmack auf den Straßen einfach zu viel los, gerade weil ich dann nur zum Feierabendverkehr trainieren kann. Der beste Zeitpunkt, um Rennrad zu fahren ist sonntagmorgens, wenn die Straßen noch leer sind. Ein Träumchen!
Immer wieder das gleiche Szenario
Wenn ich meine Trainingsrunde beginne, fahre ich meist durch eine Straße, an der ein Supermarkt liegt. Ich erlebe es immer wieder, dass die Autofahrer an der Ausfahrt des Marktes einfach losfahren ohne auch nur einen Blick nach links oder rechts zu werfen. Die Folge: Sowohl ich, als auch der Autofahrer müssen eine Vollbremsung machen.
Als ich gestern mit dem Rad unterwegs war, habe ich noch mal verstärkt darauf geachtet, wie oft man von Autos überholt wird, die nicht genügend Abstand halten. Das ist einfach nur erschreckend! Ich kann verstehen, dass man es manchmal etwas eilig hat, aber muss man dafür das Leben eines Radfahrers riskieren?
Warum Radfahrer nicht auf dem Radweg fahren
Es ist meist die erste Aussage, die kommt, wenn sich Autofahrer über Radfahrer aufregen. „Die können doch ruhig mal auf dem Radweg fahren!“ Ich persönlich fahre immer auf dem Radweg, sofern einer vorhanden ist, kann aber auch gut verstehen, wieso es manch andere Radfahrer nicht tun. Müll, Schlaglöcher, Glasscherben … Da ist ein platter Reifen fast schon vorprogrammiert. Wären unsere Radwege besser gepflegt, würden sicher auch mehr Radfahrer auf dem Radweg fahren.
Die neue Straßenverkehrsordnung 2020
In diesem Jahr tritt eine neue Straßenverkehrsordnung in Kraft, die auch mehr Schutz für Radfahrer bieten soll. Aus einem „ausreichenden Seitenabstand“ wird jetzt eine klar definierte Abstandsgröße: innerorts mindestens 1,50 Meter und außerorts sogar 2 Meter. Klingt auf dem Blatt ganz gut, ob sich tatsächlich so viele daran halten werden … Wir werden sehen.
Gravel Bikes werden immer beliebter
Wenn ihr mich fragt, ist unsere Verkehrssituation ein ausschlaggebender Punkt, weshalb Gravel Bikes heutzutage immer beliebter werden. Die Rennräder mit breiten Reifen erlauben es auch mal abseits der Straße, beispielsweise auf Schotterwegen zu fahren. Ich liebäugel auch schon mit einem Gravel Bike, da ich mit meinem Rennrad doch immer an asphaltierte Straßen gebunden bin.
Was sind eure Erfahrungen?
Habt ihr auch schon solche unschönen Erfahrungen im Straßenverkehr gemacht oder könnt ihr entspannt Rennrad fahren? Schreibt es mir gerne in die Kommentare 🙂
2 Kommentare
Pingback: In Case You Missed It 03/2020 | velo/vivre
Etwas verpätetes Feedback dazu. Ich bin selbst Radfahrer und Autofahrer. Pauschalisierungen a la alle Radfahrer/Autofahrer verhalten sich so und so finde ich unpassend. Nicht alle Autofahrer umfahren riskant und nicht wenige Radfahrer umgehen die für sie gedachten Sicherheitsempfehlungen selbst indem sie rechts überholen oder sich durch stauende Autos schlängeln.
Die vorherige Regel war schwammig, aber wenn man die aktuelle exakt so befolgen sollte wie sie geschrieben steht gibt es in meinem Umfeld Straßen in denen einzelne Radfahrpendler den Berufsverkehr zum Erliegen bringen könnten. Mein Arbeitsweg führt durch Essen (NRW) und hier gibt es Straßen, wo man als Radfahrer weder sinnvoll auf den Bürgersteigen fahren kann und auf den Straßen nicht genug Platz ist, dass Autos sinnvoll überholen können. Zumindest nicht im Berufsverkehr. Das Gefühl als Radfahrer eine Autokolonne hinter sich zu haben, die auf eine passende Überholgelegenheit wartet und sich langsam cm für cm ranschleicht ist natürlich nicht schön.
Deshalb ist das Gesetz für mich leider etwas Aktionismus, der sich besser anhört als er sich mancherorts umsetzen lassen wird. Das ganze noch damit zu bewerben, den Verkehr mobiler, flexibler und grüner zu gestalten indem man zum Radfahren animiert ist fast schon Hohn. Und leider ist auch der Beitrag des SR etwas am Ziel vorbei. Rennradfahrer (Kategorie: Sportler), die gerne mal 30-35 km/h fahren bremsen den Verkehr vielleicht nicht signifikant und man kann als Autofahrer schlimmstenfalls auch mal ein paar Kilometer hinterherfahren. Innerorts sieht das mit Einkäufern, Pendler, also der Gruppe an Radfahrern, die ihr Rad um von A nach B zu kommen nutze, schon mal anders aus. Bei leichter Steigung kann da die Geschwindigkeit auch mal unter 10 km/h fallen.
Lösung? Es gibt Ansätze von Radfahrschnellwegen in verschiedenen Bundesländern. Wenn man sich mal anschaut wie wenig da in den letzten 20 (!) Jahren passiert ist sieht man aber auch welche Priorität Radfahrer für Städte wirklich haben. Ein Gesetz anpassen und damit werben ist einfach, Infrastruktur ausbauen aber ist aufwändig. Schwierige Organisation aufgrund vieler kleiner Teilstücke lass ich nicht gelten, in anderen Bereichen geht es ja auch. Natürlich ist das eine Frage des Geld-in-die-Hand nehmens.
So, länger geworden als gewollt und auch etwas abgeschwiffen, aber der Beitrag war mir jetzt doch ne Weile im Kopf und wollte kommentiert werden. Grundidee gut, Umsetzbarkeit für mich stellenweise fraglich.